Jürgen Heiler und Trude Heiler (+), 2013
(Erstveröffentlichung in Jahrbuch “Das Monschauer Land” 2014, S. 60. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Geschichtsverein des Monschauer Landes e. V.)
1. Joannes Henricus Leonardus Eligius Claehsens (man findet auch die Schreibweise Claessens oder Clahsen) wurde am 1. Dezember 1748 als jüngstes von zwölf Kindern der Eheleute Marcellinus Lambertus Derijck Claessens und Agnes Ketelbeuters im Limburgischen Geleen (damals zur Österreichischen Niederlande gehörend) geboren.
Seine Großmutter Anna Corten stammte aus einer durchaus beachtlichen Limburgischen Familie, die vermögend war und öffentliche Ämter bekleidete. Von den Claehsens liegt uns ein Stammbaum bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts vor, allerdings ohne weitere Informationen.
Leonhard wurde am 8. November 1794 vom Monschauer Fabrikanten Orth, den die Franzosen zum Administrator des Amtes Montjoie ernannt hatten, als 1. Maire von Eicherscheid eingesetzt [Leo Dohmen, Der Kanton Monschau (Vortrag), Der Eremit am hohen Venn (EHV), 4. Jahrg., S. 144], nachdem er vorher schon das Amt eines Dorfvorstehers und Schöffen bekleidet hatte. Nach Bestätigungen in diesem Amt 1797 und 1801 und der Ernennung zum Bürgermeister 1815 durch die Preußen war Leonhard bis zu seiner altersbedingten Ablösung im Jahre 1828 34 Jahre lang erster Bürger Eicherscheids, immerhin war er damals schon fast 80 Jahre alt. Von 1816 bis 1828 vertrat er zudem den Ort im preußischen Kreistag von Montjoie. Es wird berichtet, dass er ein rühriger und geachteter Bürgermeister war. Aufgrund der von ihm geschriebenen Urkunden wissen wir, dass er eine gute Handschrift und Kenntnisse in der französischen und lateinischen Sprache hatte, und vermuten, dass er von Haus aus eine gute Bildung mitbrachte. Noch bevor dies vom Aachener Regierungspräsidenten 1825 angeordnet wurde, zeichnete Leonhard ab 1799 die Geschehnisse im Ort aus eigenem Antrieb in einer Bürgermeisterchronik auf.
Nachfolgend berichten wir über die Familie dieser für Eicherscheid wichtigen Persönlichkeit. Genealogische Daten beziehen sich auf Eicherscheid, soweit nicht anders vermerkt.
2. Sein am 20. Mai 1730 geborener Bruder Andreas, der sich als Kanoniker Lambertus nannte, studierte Theologie, ihm folgten eine Reihe von Theologen in der Familie Claehsens; besonders zu erwähnen ist dabei Adam Carel Claehsens (1818-1895), der Titularerzbischof von Siraces und als Apostolischer Vikar von Batavia höchster Vertreter der katholischen Kirche in Indonesien war [E.M.A.H. Delhougne e. a., Genealogie van het geslacht Claessens, in ''Genealogieën'' deel 1 (1957), blz. 7-20].
Lambertus [Theologische Informationen zu Lambert nach: Pfarrer Jansen: Die Schicksale der letzten Mönche von Reichenstein, EHV, 2. Jahrg., S. 67f] trat am 17. August 1751 in das Kloster Reichenstein [Josef Conrads: Die Professen von Kloster Reichenstein, EHV, 14. Jahrg., S. 166] ein und wurde am 23. September 1752 vom Kölner Weihbischof zum Priester geweiht. Seine Wahl fiel wohl auf Reichenstein, weil es zwischen diesem Kloster und der Stadt Geleen eine auf das 13. Jahrhundert zurückgehende enge Verbindung gab. Damals stifteten die Valkenburgischen Herrscher, die seinerzeit auch Herren von Montjoie waren, dem Kloster den Zehnten des Hofes Lutterade (heute zu Geleen gehörig) und übertrugen ihm das Patronat über die Kirche in Geleen. Seither traten Töchter und Söhne der Stadt in das Kloster ein, im Gegenzug übernahmen Reichensteiner Kanoniker das Pfarramt in Geleen. Die dortige Pfarrkirche war – wie Jahrhunderte später auch diejenigen in Höfen und Eicherscheid - dem Kloster inkorporiert.
Lange Jahre war Lambertus Vikar in Eicherscheid und lebte auch dort, wobei er seinen Lebensunterhalt mit Zuwendungen des Klosters und Messstipendien bestritt; eine offizielle Vikarstelle gab es nicht. Nach dem Tod von Pfarrer Ohm im Jahre 1797 wurde er Pfarrer in Eicherscheid, verstarb aber schon wenige Monate später am 24.09.1798.
3. Aufgrund dieser Gegebenheiten fand Leonhard Claehsens den Weg nach Eicherscheid und heiratete am 22. August 1770 die Joanna Catharina Heck (*16. Mai 1745). Schon früh bildete sich am Wohnsitz der Familie (heutige Adresse Kirchweg 15) der Hausname Lennertsches heraus. Die Vorfahren der Ehefrau Joanna waren:
Vater Petrus Heck (* etwa 1715 in Höfen, ✝ 28. August 1770; Vater Stephanus Heck aus Höfen), ⚭ 13. Juni 1744
Mutter Johanna Gerards (* etwa 1715, ✝ 1764 in Eicherscheid; Tochter von Peter Theiß und Maria Offermann.
Großvater Theiß Gerards (* 6. Februar 1681, ✝ 27. August 1729), ⚭ 26. April 1722
Großmutter Gertrudis Offermann (* 10. April 1691, ✝ 23. Mai 1761); Tochter von Peter Offermann und Petronella Peters)
Großvater Theiß war vermögend. Ihm gehörte in Eicherscheid insbesondere der Grund und Boden vom heutigen Kirchweg 15 bis zur Gielengasse, heutige Adresse Am Weiher 9. Neben dem Lennertsches Haus, in dem Leonhard mit seinen Schwiegereltern lebte, bestand vermutlich bereits das Haus an der heutigen Adresse Kirchweg 9 (Cloße), in dem Theiß wohnte. Neben dem Grundbesitz in Eicherscheid kaufte und erbte er mehrere Grundstücke in Huppenbroich.
Joanna war offensichtlich eine gute Partie.
Joannas Bruder Mathias Gerhard Heck studierte ab 1773 Theologie in Köln, trat in das Kloster Steinfeld ein und starb 1813 als Pfarrer von Jakobwüllesheim.
4. Aus der Ehe des Leonhard mit Joanna Catharina gingen 5 Kinder hervor. Sie verstarb früh am 13. März 1780.
Der älteste Sohn Johannes Wilhelmus Bartholomäus, geboren am 21. September 1771, studierte in Köln Theologie und wurde am 14. Juni 1794 zum Subdiakon und am 5. Oktober 1794 zum Priester geweiht. Da die Kirche anlässlich der Weihen einen Nachweis über einen ausreichenden Lebensunterhalt verlangte und er nicht in ein Kloster eintrat, erhielt er von seiner Familie eine jährliche Rente von 83 Talern. Am 1. März 1804 wurde er – wie vorher sein Onkel Lambertus - zum Hilfspriester in Eicherscheid ernannt, verstarb aber früh am 23. August 1810 [Dr. M. Brixius: Familienkundliches aus Stadt und Kreis Monschau, EHV, 12. Jahrg., S.133].
Die Kinder Joanna Maria (* 8. November 1772) und Mathias Jacob (* 31. Mai 1775) verstarben im Kindesalter, Maria Agnes (* 8. Mai 1777 , ✝ 8. Dezember 1828) blieb ohne Erben.
5. Der Sohn Petrus Lambertus (* 31. Mai 1775, ✝ 16. Juli 1826) heiratete am 18. April 1812 in Eicherscheid die Anna Maria Fink (* 7. Oktober 1784, ✝ 8. Februar 1852) und wurde der Stammvater der nachfolgenden Claehsen-Familien in Eicherscheid. Petrus betrieb zeitweise zusammen mit einem Johann Völl im Imgenbroich eine Tuchfabrik (Websaal?). Um 1820 kehrte er aber mit seiner Familie nach Eicherscheid zurück und arbeitete als Schreiner.
Aus der Verbindung des Petrus mit der Anna Maria gingen die folgenden Nachkommen hervor.
Claehsens, Anna Gertrudis (* 21. März 1813, ✝ 9. Januar 1837)
Partner Brüll, Johannes (* 17. Februar 1805), ⚭ 18. April 1833; Gemeindediener; 2 Kinder
Claehsens, Sibilla (* 8. Januar 1815, ✝ 20. Juli 1868)
Partner Brüll, Martinus (* 1806), ⚭ 9. Mai 1841; 9 Kinder
Claehsens, Joannes Hubertus (* 28. Januar 1817, ✝ 15. Juli 1894)
Partner Heck, Anna Gertrud (* 6. Dezember 1831), ⚭ 15. April 1874
Claehsens, Anna Petronella (* 10. November 1818)
Partner Mafa, Mathias Joseph (* 22. März 1813 – Montjoie); 3 Kinder
Claehsens, Reinerus (* 5. Februar 1823, ✝ 2. Oktober 1825)
Claehsens, Elisabeth (* 20. Mai 1825, ✝ 29. Oktober 1897)
Partner Bongard, Johannes Bernardus (* 22. Mai 1825), Küster und Organist in Eicherscheid, 3 Kinder
6. Die Hauptlinie vertrat
Claehsens, Joannes Leonardus Josephus (* 23. Januar 1821, ✝ 1. April 1886); Schreiner und Wirt
Partner Hoch, Anna Catharina (* 18. April 1829, ✝ 17. Februar 1884), ⚭ 15. Januar 1854
Kind: Claehsens, Anna Gertrudis (* 25. Mai 1855, ✝ 10. November 1890)
Partner Heck, Mathias Gerardus (* 7. Mai 1855, ✝ 13. März 1906), ⚭ 9. Juni 1886, Schreiner und Wirt
Enkel: Heck, Catharina Anna (* 16. Mai 1887, ✝ 20. April 1958)
Partner Förster, Heinrich Andreas Joseph (Henderes) (* 25. April 1876, ✝ 2. Februar 1915), ⚭ 6. November 1907
Partner Küpper, Johann (* 7. Dezember 1894 - Vicht, ✝ 29. April 1941 - Simmerath), ⚭ 18. Juli 1925 - Vicht
Enkel: Heck, Anna Sibilla (* 16. Juli 1888, ✝ 16. März 1959)
Partner Claassen, Hermann (Nölle Höreme) (* 16. Juli 1888, ✝ 16. März 1959), ⚭ 29. November 1911
Enkel: Heck, Maria Anna (* 10. Dezember 1889, ✝ 23. April 1974)
Partner Heiler, Theodor (* 29. Oktober 1876 - Borsum, ✝ 25. Januar 1954), ⚭ 26. November 1919, Molkereiverwalter in Eicherscheid. Theodor und Maria Anna sind die Großeltern des Mitautors.
Kind: Claehsens, Anna Maria (* 23. Februar 1854, ✝ 11. Mai 1855)
Kind: Claehsens, Anna Sibilla (* 6. Mai 1861)
Partner Meys, Johann (* 4. Juli 1858 - Aachen, ✝ 7. November 1945 – Köln), Lehrer in Eicherscheid, später Köln, 6 Kinder.
7. Am 1. Oktober 1782 vermählte Leonhard sich in zweiter Ehe mit Maria Sibilla Küpper (* 24. Juni 1757) aus Montjoie, Tochter von Johannes Küpper und Maria Gertrud Müllers; sie hatten 6 Kinder.
Claehsens, Maria Lucia Gertrud (* 14. Dezember 1782)
Partner Stollenwerck, Johann Heinrich Joseph (* 1781 - Simmerath), ⚭ 8. Februar 1816. Stollenwerck war Bürgermeister in Simmerath und anlässlich von Vakanzen zeitweise in Kesternich, Dedenborn und – als direkter Nachfolger von Leonhard – in Eicherscheid.
Claehsens, Maria Elisabeth (* 19. Mai 1784)
Partner Schnitzler, Johann Hubert (* 1787 - Simmerath, † 12.10.1832), ⚭ 9. Dezember 1813. Schnitzler war Baumeister und Gemeindempfänger in einer Reihe von Gemeinden des Monschauer Landes einschließlich Eicherscheid und Montjoie. Er war wohlhabend und verfügte über einigen Grundbesitz, er wird z. B. als Eigentümer von Hof Staffelbusch und Miteigentümer der Mestrenger Mühle genannt [http://www.mestrenger-mühle.de – Geschichte, abgefragt am 17.03.2013]. Er war eine hochgeachteter Mann und Wohltäter und überließ bei seinem Tod ein Haus mit Grundstücken in Montjoie den Armen [o. V.: Vor hundert Jahren (Montjoier Gemeindechronik), EHV, 7. Jahrg., S. 43].
Claehsens, Anna Petronella (* 24. Januar 1787)
Partner Saurbier, Matthias Joseph (* 1791 - Montjoie, ), ⚭ 8. Februar 1816; Pächter des Casinos der Tuchmacher in Imgenbroich. 9 Kinder
Claehsens, Joannes Leonardus (* 2. Februar 1789)
Claehsens, Sibilla (* 1. August 1794, † 1. August 1794)
Claehsens, Anna Sibilla (* 22. Mai 1797)
Partner Förster, Mathias Gerhard (* 21. Februar 1802), ⚭ 18. August 1830
Enkel: Förster, Elisabeth Josephina (* 15. März 1833 )
Partner Linzenich, Johann Mathias (* 11. September 1837), ⚭ 5. Mai 1860 – Eicherscheid
Enkel: Förster, Johann Heinrich (* 7. Mai 1839), ⚭ 1. Juni 1867
Partner Küpper, Anna Catharina (*18. November 1841).
Leonhard Claehsens starb 84jährig am 28. Januar 1833.
8. Ein zumindest bis zu den Zerstörungen des zweiten Weltkriegs sichtbares Erbe der Claehsens waren die drei stattlichen Häuser gegenüber der Eicherscheider Kirche, die Leonhard zusammen mit seinem Schwiegersohn Schnitzler erbauen bzw. wiederaufbauen ließ, die heutigen Adressen sind Kirchweg 9 (Cloße), 13 (Schörresch) und 15 (Lennertsches).
Das heute an Nummer 9 gelegene Haus wurde anfänglich von Schwiegersohn Mathias Gerhard Förster bewohnt, später ging es an dessen Schwiegersohn Johann Mathias Linzenich über. Um 1911 erwarb die Familie Junkersdorf das Haus, in den 20er Jahren die jüdische Familie Kaufmann. Nach deren Flucht in die Vereinigten Staaten war hier ein Kindergarten untergebracht. In den 50er baute die Familie Linzenich das heute dort stehende Haus.
Die größte Bedeutung für die Familie hatte anfänglich das mittlere Haus, da dort die Amtsstuben des Bürgermeisters und des Gemeindeempfängers untergebracht waren; vermutlich haben Leonhard und zeitweise auch sein Schwiegersohn Schnitzler dort gewohnt. Schnitzler hatte als Gemeindempfänger in anderen Orten Domizilpflicht, er unterhielt also mehrere Amtsstuben und hat deshalb zumindest zeitweise in Monschau gewohnt.
Dieses Haus ist im Wesentlichen bis heute erhalten. Nach dem Tod von Leonhard und Johann Hubert Schnitzler lebte dort die Familie seines Schwiegersohns Mathias Gerhard Förster, in der Folge Johann Heinrich Förster und Heinrich Förster (Henderes), heute die Familien Huppertz/Förster (Schörresch).
Das Lennertsches Haus, das nach dem 2. Weltkrieg neu errichtet wurde, blieb Stammsitz der Claehsens (Lennertsches). Hier hatten schon Häuser der Familie der ersten Ehefrau Leonhards und dasjenige gestanden, dass er mit seinem Schwiegervater Heck errichtet hatte. Es wurde nachträglich zu einem Winkelhof erweitert, im Anbau lebte die Familie des Schwiegersohns Johann Bongard (Brneadesjes). Heute lebt hier die Familie Küpper.
In allen drei Häusern befanden sich Gasthöfe oder mindestens eine Branntweinausgabe, möglicherweise zu unterschiedlichen Zeiten. Joannes Leonardus Claehsens und Mathias Gerhard Förster werden jedenfalls Wirt genannt. Das mittlere und das Lennertsches Haus waren durch einen unterirdischen Gang verbunden, möglicherweise zum Transport von Bier und Wein.
9. Mit den beiden Töchtern des Joannes Leonardus endet die kurze aber markante Geschichte der Limburgischen Familie Claehsens in Eicherscheid. Anna Sybilla heiratete den Eicherscheider Lehrer Meys und verzog mit ihm später nach Köln. Anna Gertrudis vermählte sich mit dem Mathias Heck (Plöße), die Tochter Catharina übernahm das Haus und führte den Gasthof fort. Heute gehört es einem Enkel.