Auswanderungen aus Eicherscheid im 19. Jahrhundert
Von Trude (+) und Jürgen Heiler – 17.06.2012. Aktualisiert am 20.04.2023
Der preußische König Friedrich Wilhem III. ordnete im Jahre 1812 (geändert durch Verordnung aus dem Jahr 1818) an, dass seine Untertanen für die Auswanderung und Naturalisation in einem anderen Staat eine behördliche Genehmigung benötigen; insebesondere sollte angesichts der allgemeinen Wehrpflicht die Auswanderung von wehrfähigen jungen Männern verhindert werden. Dieser Tatsache verdanken wir, dass hierüber heute Informationen zur Verfügung stehen.
Es handelte sich angesichts der seinerzeitigen politischen Landkarte dabei nicht immer um spektakuläre Übersiedlungen nach Übersee, sondern teilweise nur um einen Übertritt in einen anderen Staat auf deutschem Boden. Natürlich gab es auch illegale Grenzübertritte und Desertionen.
Als Quelle diente uns eine Auswertung des Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchivs. Die Daten sind jetzt auch in der MigraBase - Auswanderungsdatenbank der WGfF enthalten.
Wenn wir wissen, dass alleine aus Dedenborn 28 Anträge auf Auswanderung nach Nordamerika bekannt sind, so stellt sich die Situation in Eicherscheid anders dar: Unsere Vorfahren waren offensichtlich bodenständiger. Über die wenigen bekannten Fälle sei nachfolgend berichtet:
1. Nicolas Budscheid (auch Burtscheid) wurde am 29.03.1800 als Sohn der Eheleute Hubertus Budscheid und Catharina geborene Winands geboren, war von Beruf Tuchweber und wanderte 1820 nach Belgien aus.
2. Catharina Classen wurde am 22.03.1848 als Tochter der Eheleute Franz Peter Classen und Margaretha geborene Schreiner in Eicherscheid geboren. Sie heiratete den Fabrikarbeiter Wilhelm Dautzenberg aus Aachen, Datum nicht bekannt. Das Ehepaar lebte in Orsbach (heute Aachen) und hatte 4 Kinder, geboren in den Jahren 1880 bis 1885. 1896 meldete sich die Familie nach Bochholtz/NL ab, de facto nur ein Grenzübertritt in einen wenige Kilometer entfernten Ort. Catharina starb am 13.12.1899, nur wenige Tage nach ihrem Ehemann.
3. Johann Hubert Offermann wurde am 16.11.1851 als Sohn von Johannes Offermann und Anna Catherina Arnolds geboren. Er besuchte die Minoritenschule in Montjoie und meldete sich 1875 nach St. Nicolas in Belgien ab, um in Leuven Theologie zu studieren. Dort wurde er 1879 zum Priester geweiht und beendete sein Theologiestudium anschließend in Innsbruck. Als Priester war er nach 1881 im 1878 neugegründeten Bistum Leeds u.a. in Scarthingwell, Yorks (Leeds), The Immaculate Conception (1883 - 1894) und Carlton, Yorks (Leeds), St. Mary (1894 - 1903) tätig. Wegen einer Erkrankung kehrte er dann nach Eicherscheid (jetzt Eicherscheid Nr. 52) zurück und las bis kurz vor seinem Tod im Jahre 1912 Messen in Hammer.
4. Martin Offermann wurde am 08.05.1826 als Sohn von Joseph Offermann und Eva Catharina Stollenwerck geboren, war Schuster von Beruf und meldete sich 1854 nach Verviers in Belgien ab. Er heiratete dort im selben Jahr die Anna Margareta Meessen aus Lontzen und starb am 28. August 1892 in Verviers.
5. Sein Bruder Johannes Mathias Offermann wurde am 26.12.1821 geboren. Er war Bäcker von Beruf und meldete sich 1853 nach Disons (nahe Verviers) in Belgien ab.
6. Petrus Schreiner, Sohn von Lucas Schreiner aus Insuhl an der Ahr und Anna Küpper heiratete 1813 Anna Catharina Küpper, Tochter von Anton Küpper und Anna Catharina Kell. Er war als Weber in der kircheneigenen Fabrik im Websaal beschäftigt. Acht Kinder wurden geboren, von denen zwei schon als Kleinkind starben. In den schlechten Zeiten um 1830 fasste die Familie den Entschluss, auszuwandern. Allerdings erkrankte Petrus Schreiner an einem "hitzigen Fieber" und starb am 12.06.1938. Die Witwe Catharina war zu dem Zeitpunkt 50 Jahre alt. Die älteste Tochter Maria Catherina heiratete 1846 Franz Joseph Isaak aus Imgenbroich. Catharina stellte dann einen Antrag auf Auswanderung nach Nordamerika; der 1847 bestätigt wurde. So wanderte Catharina Schreiner im April 1847, begleitet von ihren Kindern Anna Maria, Anna Gertrud, Johannes Hubertus, Maria Catharina und Mathias Peter sowie ihrem Schwiegersohn von Antwerpen nach Amerika aus. Catharina Schreiner verkaufte ihr Haus (jetzt Zum Belgenbach 13) an den Maurer Quirin Schröder, der 1851 Maria Catharina Kriescher aus Wollseifen heiratete, seither ist der Hausname „a Micke“. Später wohnte dort der Sohn Johann Schröder mit seiner Frau Anna Catharina geborene Brüll. Diese brachte von Ihrer Mutter Sibille Claehsens den Hausnamen „Belle“ mit.
Sie erreichten auf dem Schiff Waldemar am 11.06.1847 New York.
Nach Informationen von Irmgard Kaulard (Belle) sollen beide Söhne Musikanten gewesen sein.
Ein Peter und ein Hubert Schreiner, eingewandert 1847, werden 1855 eingebürgert in Milwaukee/Wisconsin. Es handelt sich wahrscheinlich um die oben erwähnten Söhne.
F. J. Isaak wurde am 17.04.1855 vom Circuit Court, Fonds du Lac County, Wisconsin eingebürgert. Die Eheleute Isaak werden 1860 bei einer Volkszählung in Marshfield, Fond du Lac, Wisconsin, erwähnt zusammen mit ihren Kindern Anna , 12, Hubert , 10, Joseph, 8, Engelbert, 5 und Mary C. 1. F. J. Isaak stirbt am 20 Jan 1905.
7. Margarethe Offermann wurde 1803 geboren. Sie heiratete 1834 den Nicolas Joseph Weishaupt aus Mützenich. Die Eheleute Weishaupt sind 1847 zusammen mit Peter Joseph Claßen, Paul Völl und Matthias Paul Krings (alle aus Mützenich) nach Nordamerika ausgewandert und trafen – wie die Familie Schreiner aus Eicherscheid – mit dem Schiff Waldemar am 11.06.1847 in New York ein.
Sie stirbt am 21. Juli 1875 in Town of Addison, Wisconsin.
N. J. Weishaupt wird am 21.11.1855 vom Circuit Court, Dodge County, Wisconsin eingebürgert. Sein Grab befindet sich auf dem Saint Peter and Paul Catholic Cemetery in Nenno, Wisconsin.
Der Paul Völl lebte mit seiner Familie in Marshfield, Fond du Lac, Wisconsin.